Landwirtschaftspolitik

Für eine von der Gesellschaft unterstütze Landwirtschaftspolitik und eine Landwirtschaft, die Anerkennung verdient

Ausgangslage

Lebensmittel erzeugen, vielfältige und artenreiche Landschaften erhalten, Arbeitsplätze im ländlichen Raum schaffen, das Wohl von Menschen, Tieren und Pflanzen im Blick haben, zu sauberen Trinkwasser und lebendigen Dörfern beitragen. Die Landwirte*innen haben in unserer Gesellschaft eigentlich wichtige und viel beachtete Aufgaben.

Die Realität ist aber eine andere: Enormer Kostendruck, kaum Einfluss auf die Preisgestaltung der Einzelhandels- und Handelskonzerne sowie agrarpolitische Rahmenbedingungen, die kaum einen Wert auf die Erbringung von Gemeinwohlleistungen und die Bewahrung unserer Ressourcen und Lebensgrundlagen legen. In der Folge führen diese Rahmenbedingungen immer wieder zu großen Verlusten z.T. in Milliardenhöhe, so dass immer mehr Betriebe aufgeben müssen. Konsequenz ist ein immer weiter um sich greifender Strukturbruch im ländlichen Raum.

Hinzu kommt, dass mit dieser Form der Landwirtschaft wichtige Umwelt- und Tierschutzstandards und im Zuge dessen geltende Richtlinien – wie die Nitrat-, die Wasserrahmen- und die NERC-Richtlinie – nicht eingehalten werden oder auch die Umsetzung der FFH-Richtlinie im landwirtschaftlichen Bereich ausgebremst wird. Laufende Vertragsverletzungsverfahren sind die Folge. Außerdem nimmt die Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten in den Agrarlandschaften in einem sich beschleunigenden Tempo ab und entfernt sich immer weiter von den Zielwerten, die sich die Bundesregierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie selbst gesetzt hat.

Die Landwirtschaft ist nicht zuletzt für einen beträchtlichen Anteil der bundesdeutschen Treibhausgasemissionen (v.a. Methan, Lachgas) verantwortlich.

Landwirtschaft in der Krise und fehlende gesellschaftliche Akzeptanz

Die Landwirtschaft befindet sich nicht per Zufall in einer grundlegenden tiefen Krise, auf die die gemeinsame Agrarpolitik und die Bundesregierung bisher noch keine oder nur sehr halbherzige Antworten gefunden haben.
Außerdem fehlt es für die weit verbreiteten Formen der (Massen-) Tierhaltung und des Intensiv-Pflanzenbaus aus vielerlei Gründen zunehmend an gesellschaftlicher Akzeptanz. Ohne diese Akzeptanz und Wertschätzung kann aber ein Wirtschaftszweig keine dauerhafte Perspektive mehr entwickeln.

Strategie- und Politikwechsel in der Landwirtschaftspolitik

Wir brauchen daher einen konsequenten Strategie- und Politikwechsel – vor allem auch zum Wohle der Landwirt*innen. Eine neue Agrarpolitik muss sich v.a. an gesamtgesellschaftlichen Erfordernissen orientieren. Ich bin davon überzeugt, dass eine solche Neuausrichtung auch ein großes ökonomisches Potenzial eröffnet, so dass mehr Betrieben eine Einkommens-Perspektive eröffnet wird, als unter der bisherigen Ausrichtung.

Wir brauchen endlich einen grundlegenden Kurswechsel in der Agrarpolitik: Ich setze mich für eine umwelt-, arten- u. tierschutzgerechte Landwirtschaftspolitik ein.

Angesichts der geschilderten gravierenden Auswirkungen der Landwirtschaft auf Wasser, Böden, Tierwohl und die Artenvielfalt und den damit verbundenen Folgekosten für die Gesellschaft kämpfen wir Grünen dafür, die milliardenschweren Fördergelder künftig so einzusetzen, dass Landwirt*innen hochwertige Lebensmittel umweltfreundlicher und tierschutzgerechter erzeugen können. Und wir setzen uns dafür ein, dass der Schutz unserer Artenvielfalt eine wesentliche Grundlage für zukünftige agrarpolitische Weichenstellungen ist.

Die Landwirt*innen müssen zukünftig mit einer umwelt-, klimaschutz- und tierwohlgerechten Produktion von hochwertigen Nahrungsmitteln und für dem Gemeinwohl dienenden Leistungen ein gutes Einkommen erzielen können.

Unsere internationale Verantwortung

Ein weiterer Aspekt ist mir wichtig: Die EU hat im Rahmen der Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele auch internationale Verantwortung (vgl. Sustainable Development Goals der UN Agenda 2030). Zu den dort vereinbarten Zielen gehören eine nachhaltige Landwirtschaft, der Erhalt der Biodiversität und die Unterstützung von Kleinbauern beim Zugang zu lokalen und regionalen Märkten und Wertschöpfungsmöglichkeiten. Dem widersprechen jedoch solche Exporte von Nahrungsmitteln aus der EU, die in den Entwicklungsländern zu konkurrenzlos niedrigen Preisen angeboten werden und Kleinerzeuger und Verarbeitende letztlich von ihren lokalen und regionalen Märkten verdrängen.

Verfehlte europäische gemeinsame Agrarpolitik

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und ihre nationale Ausgestaltung haben die oben geschilderten Krisen maßgeblich verursacht. So ist der Ausbau der Tierhaltung in bestimmten Regionen sowohl über die Agrarinvestitionsförderung als auch durch die ungenügende Umsetzung geltenden EU-Rechts bewusst vorangetrieben worden. Zum Hauptziel der GAB wurden die internationale Wettbewerbsfähigkeit und steigende Exportmengen der Agrar- und Ernährungsindustrie erklärt. Was für ein Holzweg! Und die ökonomischen Risiken werden dabei auf die einzelnen Betriebe als schwächstes Glied in der Lebensmittelkette abgeschoben. Die negativen Folgen für Umwelt, Tierschutz und ländliche Entwicklung werden letztlich den Steuerzahlern überlassen.

Die verfehlte Agrarpolitik, an der bis zuletzt auch die CDU-Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner ihren Anteil hat, stellt nun unsere landwirtschaftlichen Betriebe vor sehr große Herausforderungen. Sie müssen schrittweise zum Teil erhebliche, und z.T. kostenträchtige Änderungen vollziehen, um die oben geschilderten rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Zielvorgaben erreichen zu können. Diesen Weg möchte ich mit den Landwirt*innen gemeinsam gehen.

Beschlüsse der GAP für die Förderperiode 2023 bis 2027 – Grün geht anders!

Auch die jüngsten Beschlüsse aus dem Juni 2021 zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik für die Förderperiode 2023 bis 2027 haben keinen Durchbruch erzielt. Von Systemwechsel keine Spur. Eine zentrale Frage war, wie viel Geld aus der 1. Säule in Zukunft für das neu geschaffene Instrument der Eco Schemes (Öko-Regelungen) reserviert sein sollten. Ergebnis ist nun ein 25%-iger Einsatz der Mittel für sog. Eco Schemes, dies aber verbunden mit einer zweijährigen „Lernphase“ und mit vielen Ausnahmen bei Umweltstandards und – was besonders bitter ist – es erfolgte auch keine Verankerung des Green Deal. Der Erhalt der Direktzahlungen, die immer noch 75% der 1. Säule ausmachen, ist zwar an bestimmte ökologische Bedingungen geknüpft (sog. GLÖZ), aber auch hier führen Ausnahmen zum Aufweichen der Bestimmungen, so dass an vielen Stellen ein „weiter so“ vorprogrammiert ist.

In der sog. 2. Säule müssen zukünftig mindestens 35% der Gelder für Umwelt- und Tierschutzmaßnahmen ausgegeben werden. Die Hälfte dieser Mittel kann jedoch durch Ausgleichzahlungen für benachteiligte Gebiete angerechnet werden. Deren positive Umweltauswirkungen sind nicht nachgewiesen.

Ein weiterer Punkt ist fatal: 40% der Mittel aus der 1. Säule sowie die für Eco Schemes aufgewendeten Mittel werden automatisch als Leistung für den Klimaschutz angerechnet. Hier kann die EU-Kommission frühestens ab 2026 eine neue Berechnungsart erarbeiten.

Fazit ist, dass die für die nächste Förderperiode beschlossene Agrarpolitik praktisch so fortgesetzt werden kann wie bisher, dass sie weiter maßgeblich auf den pauschalen Direktzahlungen basiert und damit unverändert große Betriebe bevorteilt. Und umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen werden nur – anders als zunächst in Betracht gezogen – in einer sehr stark abgeschwächten Form eingeführt.

Die Mitgliedstaaten stehen jetzt in der Verantwortung, das relativ hohe Maß an zugebilligter Flexibilität bei der Umsetzung über die nationalen Strategiepläne zu nutzen.

Meine wichtigsten Zielsetzungen für die Landwirtschaftspolitik in Deutschland in der kommenden Legislaturperiode sind daher:

  • Der deutsche Strategieplan ist nun so umzusetzen, dass er den europäischen und bundesdeutschen Klima- und Biodiversitätszielen gerecht wird.
  • Wir müssen uns entschieden für den Einstieg in den Ausstieg aus den pauschalen Flächenprämien einsetzen, etwa durch einen Mix aus Vorgaben und attraktiver Förderung für Öko-Regelungen und Agrar-Umweltmaßnahmen. Ab 2028 müssen auf dieser Basis die Direktzahlungen aus der heutigen 1. Säule abgeschafft werden.
  • Es müssen vielmehr Rahmenbedingungen und Anreize für alle Landwirteinnen geschaffen werden, den Weg zu einer klimafreundlichen und biodiversitätsfördernden Landwirtschaft konsequent zu verfolgen. Ein deutlich zu erhöhender Ökolandbau-Anteil spielt dabei eine wichtige Rolle.
  • Treibhausgasemissionen aus der Massen- und Intensivtierhaltung und dem Futtermittelanbau machen rund 70% aller landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen aus. Ich setze mich daher für einen Umbau der Nutztierhaltung mit einer deutlichen Abstockung der Tierbestände, einer an die Fläche gebundenen Tierhaltung , einen möglichst hohen Einsatz eigener oder regional erzeugter Futtermittel und einen Verbleib des Wirtschaftsdüngers in der Region ein.
  • Der Umbau der Nutztierhaltung muss dabei eine artgerechte Tierhaltung befördern und zwar mit mehr Platz im Stall und mit mehr Auslauf pro Tier und klimaschonender Weidehaltung für Wiederkäuer. Im Zuge dessen ist darauf hinzuwirken, die Wertschöpfung in den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen. Gleichzeitig ist der Export von tierischen Lebensmitteln sowie der Import von Futtermitteln erheblich zu reduzieren.
  • Die Klimaverträglichkeit der Landwirtschaft ist des Weiteren durch die Ausweitung von Dauergrünland, einer Förderung des Humusaufbaus zur CO2-Bindung und zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit zu verbessern. Im Ackerbau bedarf es dafür vielfältiger Fruchtfolgen mit Leguminosen, die Stickstoff aus der Luft im Boden binden.
  • Natürliche Co2-Senken müssen erhalten und vermehrt werden. Die Wiedervernässung und Renaturierung von Mooren mit einer Förderung der betroffenen Betriebe sowie der umfassende Umbau unserer Wälder hin zu naturnahmen, heimischen Mischwäldern sind zu präferieren.
  • Der Bio- bzw. Ökolandbau ist als biodiversitätsförderndes und klimafreundliches Anbausystem konsequent zu vermehren. Ich werde mich dafür einsetzen, dass sein Anteil, wie auch von der EU-Kommission vorgeschlagen, bis 2030 auf mindestens 30 % zu erhöhen ist. Auch hierbei sind die Gelder der GAP in Deutschland sinnvoll einzusetzen.
  • Dazu müssen mindestens 70% der GAP-Mittel für freiwillige einkommenswirksame Leistungen der Landwirteinnen in den Bereichen Klima-, Umwelt- und Tierschutz eingesetzt werden. Dafür sind die Eco-Schemes in der 1. Säule und die Förderung von Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in der 2. Säule der GAP deutlich und dynamisch ansteigend auszubauen.
  • Im Rahmend der Umsetzung der GAP setze ich mich für die Ziele des European-Grean-Deals mit der Farm-to-Fork-Strategie und der Biodiversitätsstrategie ein. In der EU nachhaltig und klimafreundlich produzierte Agrarprodukte müssen durch einen guten Außenschutz sowie ein auf Lebensmittel angewandtes Lieferkettengesetz vor Umwelt- und Sozialdumping-Produkten aus Drittländern geschützt werden.
  • Des Weiteren ist Lebensmittelverschwendung und der Konsum von klimaschädlichen Lebensmitteln entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu reduzieren. Futtermittelimporte dürfen nachweislich nicht zur Entwaldung und zu Menschenrechtsverletzungen beitragen, zudem muss die Schaffung von regionalen Wertschöpfungsketten oder -räumen gefördert und die Marktmacht der Erzeuger*innen gegenüber dem Handel nachhaltig gestärkt werden.

    Die zukünftige GAP muss nun spätestens ab 2028 durchgängig den Grundsatz befolgen, dass sie öffentliche Gelder voll und ganz zur Honorierung konkreter gesellschaftlicher Leistungen nutzt. Für die Umstellung der Betriebe sind bereits in der laufenden Förderperiode ausreichend Fördermittel bereit zu stellen.